Was ist bei der Kommunikation rund um’s Impfen falsch gelaufen? Eine interessante Podiumsdiskussion an der Linzer Johannes-Kepler-Universität hat als Kooperationsveranstaltung von Netzwerk Werbung und Marketing Club Linz eine Bestandsaufnahme versucht.
Etwas schlüssig zu kommunizieren sei schwierig, wenn sich die gesicherten Tatsachen laufend ändern würden. Damit hat Netzwerk-Werbung Obmann Christoph Schumacher als einer der Gastgeber ein Grund-Dilemma der gesamten Kommunikation rund um Corona und die Impfung dagegen umrissen.
Die Veranstaltung wurde auf Einladung des Marketing Clubs Linz von dessen Präsidenten Christoph Teller ausgerichtet, der zu Beginn eine Studie präsentierte, in der Motivationslagen und Wirksamkeit von Kommunikationskanälen und -formaten zum Thema untersucht worden waren.
Am Podium dann als Medienvertreter Vize-Chefredakteur Dietmar Mascher von den OÖN, der Markenspezialist Michael Brandtner (brandtneronbranding), aus der klassischen Werbewirtschaft: Günther Matern vom Matern Creativbüro sowie der Video-Marketing-Experte Paul Lanzersdorfer von Pulpmedia. Beide coronabedingt online zugeschaltet.
Geleitet wurde die Diskussion von Peter Bruckmüller von der Spectra Marktforschung.
Einige wesentliche Aussagen:
Werbung bestätigt die Meinungen! Und zwar sowohl von Gegnern als auch von Befürwortern.
Insofern seien Werbe-Kampagnen nur ein stumpfes Werkzeug wenn es um die Veränderung von Verhalten gehe, das teils auch politisch motiviert sei. Eine kreativere – experimentierfreudigere – Herangehensweise an Kampagnen forderte Günther Matern. Diesen Ball nahm Paul Lanzersdorfer auf und meinte, bei typischer Werbe-Ästhetik würde im Kontext eines so komplexen und emotionalisierten Themas bei vielen Rezipient*innen gleich ein „innerer AdBlocker“ hochfahren.
Eine heikle Aufgabe hätten die Medien, merkte Dietmar Mascher an: einerseits wären sie verpflichtet, kritisch zu hinterfragen und überprüfbare Tatsachen zu respektieren; andererseits müsste man aufpassen, dass daraus nicht eine Handlangerfunktion für die Regierung konstruiert werden könne.
Kritisiert an der Kommunikationsstrategie wurde außerdem, dass bevorzugt klassische Kommunikationskanäle mit ihrer „Einbahn-Kommunikation“ für die Vermittlung der Inhalte genutzt wurde. Das Feld der viel wirksameren interaktiven peer-to-peer Information in Social-Media Formaten sei mehr oder weniger kampflos den Impfgegnern und Verschwörungserzählern überlassen worden.
Eine wesentliche Stellgröße – per Anmerkung aus dem Publikum und als Statement von Michael Brandtner – das Bildungsniveau und das soziale bzw. historisch gewachsene Umfeld. Das erkläre auch die eklatanten Unterschiede in den Durchimpfungsraten etwa zwischen dem europäischen Süden (z.B. Portugal) und dem eigentlich recht hochentwickelten D-A-CH Raum.
Wie eine nächste Impfkampagne für eine weitere Boosterung mit einer vierten Dosis zu kommunizieren wäre, als Ausblick auf die nähere Zukunft? Einhellige Antwort: zuvor müsse sich die Regierung einmal zu einer klaren Aussage hinsichtlich Impfpflicht und Konsequenzen bei deren Nichtbeachtung durchringen. Ein knieweiches Hin- und Her könne man nicht in eine stichhaltige Kampagne gießen.
Hier geht’s zum Video-Link zum Nachschauen.