DENKFRÜHSTÜCK - Verbunden, verwoben, vernetzt

NETZWERKE: KLEINE SCHRITTE, GROSSE WIRKUNG

Domcafé Linz. Die Mitglieder des „Netzwerk Werbung“ trafen sich wieder am frühen Morgen zum Denkfrühstück. Dieses Mal resümierte die TEDx-Speakerin Elma Hot Dervic, welche Kräfte Netzwerke in sich bergen und wie sie die Menschheit beeinflussen. Die Thematik entfachte einen anregenden Gedankenaustausch und endete im freudigen Netzwerken.

Netzwerke machen das Leben besser, das wird von Datenerhebungen bestätigt. Denn global betrachtet haben Netzwerke im Laufe des letzten Jahrhunderts maßgeblich dazu beigetragen, dass wir Menschen gesünder und länger leben als je zuvor. Obwohl die Weltbevölkerung von 2 auf 8 Milliarden Menschen angewachsen ist, können heute eine sinkende Armutsrate, ein besserer Zugang zu Bildung sowie Trinkwasser und eine niedrigere Kindersterblichkeitsrate verbucht werden. Netzwerke sind demnach als Betriebssysteme einer Gesellschaft zu verstehen, in denen jede Aktion – auch wenn sie klein erscheinen mag – eine große Auswirkung haben kann.

DAS KLEINE-WELT-PHÄNOMEN

Netzwerke machen die Welt gefühlt kleiner. Wie klein, das zeigte ein amerikanisches Experiment aus den 1970er-Jahren, bei dem 300 Briefe quer durch die USA, ausgehend vom Westen in den Osten, geschickt wurden. Allerdings nicht per Post, sondern durch eine Gruppe von sechs zufällig ausgewählten Personen. Aufgrund der eintretenden Kettenreaktionen erreichte die Mehrheit der Briefe das gewünschte Ziel. Dieses Ergebnis ließ erstaunen und die Thematik „Netzwerke und Informationstransport“ in einem neuen Licht erscheinen. Denn der Glaube, man könne lediglich mit einem großen Netzwerk die gewünschten Effekte erzielen, hatte sich in vielen Köpfen festgesetzt.

POLARISIERUNG UND SOCIAL TIPPING POINTS

Das kleine, feine Netzwerk, das Nachrichten fast wie von selbst verbreitet, kann jedoch zu Polarisierung führen und schließlich die Masse zum Kippen bringen. Man spricht hierbei von einem „Social Tipping Point“. Ist dieser Kipppunkt erreicht, gibt es kein Zurück mehr. Dann verbreitet sich eine Nachricht, ein Sozialverhalten oder ein Trend massenhaft und unaufhaltsam. Im ungünstigsten Fall verhärten sich die Fronten und man ist nicht mehr offen für andere Sichtweisen oder neue Informationen.

In diesem Zusammenhang ging die Frage im Livechat ein, wie man denn Bubbles öffnen könne. Darauf gab es keine einfache Antwort.

Fürs Erste riet Dervic als Expertin, sich bewusst aus dem eigenen Datensilo zu lehnen und in unbekannte Cluster, Konferenzen oder Events mit ähnlichen Themen zu springen. Und zwar unabhängig davon, ob man die Meinungen teilt oder nicht. So bekommt man ein klareres Bild darüber, was wirklich vor sich geht.

EINFLUSS BEGINNT BEI JEDEM EINZELNEN

Bevor es zur Meinungsmacht oder einem Kipppunkt kommt, wurde dank einer weiteren Frage aus dem Publikum in Erinnerung gerufen, dass wir nicht nur beeinflusst werden, sondern auch als einzelne Personen andere beeinflussen. Das beginnt mit einem Lächeln an der Supermarktkasse, zieht Kreise bis in die Familie, über den Freundeskreis bis hin zum Arbeitsplatz, an den weitere Kooperationspartner:innen geknüpft sind. Sich dieser Einflusskraft bewusst zu sein und das eigene Wirkungsvermögen verantwortungsvoll einzusetzen, ist ein entscheidender Faktor für das persönliche, gesellschaftliche und berufliche Wachstum.

INTERDISZIPLINÄR ZUM ERFOLG

Wer im eigenen Tun valide Ergebnisse erreichen will, sollte sich für unbekannte Terrains öffnen. Das ging deutlich aus der Diskussion hervor. Denn meistens ist das eigene Gebiet mit den anderen unbekannten verbunden. Doch laut Dervic fordert das interdisziplinäre Arbeiten alle Teammitglieder heraus, zumal neben unterschiedlichen Sprachen auch das gegenseitige Verständnis alles andere als homogen ist. Somit muss gerade am Beginn der Zusammenarbeit viel erklärt werden, um eine gemeinsame Verständnisebene zu schaffen. Zur Veranschaulichung gab sie Einblicke in ihre Arbeitsweise am Complexity Science Hub, wo sie mit Mediziner:innen, KI-Spezialist:innen und Algorithmusexpert:innen zusammenarbeitet. Dabei ist sie stets bedacht darauf, ihre eigenen Erkenntnisse nicht überzubewerten, sondern regelmäßig mit den anderen Fachbereichen abzugleichen. Erst nach vielen Feedbackrunden, Brainstormings und neuen Informationen ergeben sich Fortschritte und gemeinsame Erfolge. 

Dieselbe Arbeitsweise und Denkhaltung lassen sich auch auf die Kreativ- und Kommunikationsbranche ummünzen, die so interdisziplinär und vielschichtig agiert wie nie zuvor. Abschließend teilte Dervic ihre persönliche Message, die berührte: „Die Welt ist klein, wir sind nicht isoliert, wir sind nicht allein. Wir sind verbunden. Jede und jeder ist ein Teil von etwas Größerem. Bereits kleine Schritte können große Veränderung bewirken.“